Geschichte der Tar Sands-Industrie

Aus Tar Sands-Kampagne
Zur Navigation springenZur Suche springen
Blick auf Albertas Hauptstadt Edmonton, mehr als 400 km von den Tar Sands-Tagebauen entfernt

Die folgenreiche Erfolgsstory der Tar Sands-Industrie führt stolz auch die Produktionsstätte des Bergbau-Ingenieurs Max W. Ball auf, die am Horse River nahe Fort McMurray gelegen war. Unter dem Namen Abasand Oils Limited residierte sein Unternehmen ab 1936 in der Region und versuchte Gewinn aus der Ausbeutung der Natur zu schlagen, indem die Tar Sands der Petroleum-Wirtschaft schmackhaft gemacht werden sollten. Die Anlage brannte 1941 ab, wurde wieder aufgebaut, und brannte 1945 wieder ab. Kommentar der Tar Sands-Lobby: "Abgesehen von diesen Problemen war das Projekt eine entscheidende technologische Weiterentwicklung". Leider führten derartige "Erfolgsgeschichten" nur zur Schließung des Unternehmens, nicht aber zur Beendigung der Versuche Teersande in großindustriellem Maßstab abzubauen.

Die Geschichte dieser Industrie beginnt aber schon 1670 mit der "Hudson's Bay Charta", die in Winnipeg, in der heutigen kanadischen Provinz Manitoba, unterzeichnet wurde. Damit begann offiziell der "Handel" mit den First Nations, was nichts anderes bedeutete, als dass per königlicher Urkunde durch Karl II. der Hudson's Bay Company (HBC) das Monopol auf Pelzhandel und andere Aktivitäten im riesigen Einzugsgebiet der Hudson Bay eingeräumt wurde. Die Indigenen mussten dann quasi nur mit diesem "ältesten kanadischen Unternehmen" Handel betreiben. Aus dem Netzwerk der HBC-Handelsposten sollen sich die späteren offiziellen Behörden des westlichen Kanadas und USA entwickelt haben.[1]

Mit dem Vorlegen von Tar Sands-Proben in York Factory, dem HBC-Hauptquartier, durch Cree-Vertreter Waupisoo erfolgten die ersten Schritte zur Ausbeutung dieses Rohstoffes schon in der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. Ende des 18. Jahrhunderts stachen vor allem die britischen Erkunder Alexander MacKenzie (Schottland) und Peter Pond (England) hervor, von denen ersterer die erste detaillierte Beschreibung der Tar Sands sowie von Lagerstätten verfasste, während letzterer der erste Europäer sein soll, der diese zu sehen bekam.

Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Athabasca Tar Sands vom kanadischen Geological Survey erstmals begutachtet. Zu dieser Zeit etwa wurde auch eine HBC-Poststation im weiteren Umfeld der Lagerstätten eingerichtet. Von 1900-1910 bohrte dann Alfred von Hammerstein erfolglos nach Öl in der Region und stieß stattdessen nur auf Salzlager. Auch die ersten In Situ-Experimente geschahen zu dieser Zeit durch Jacob Absher.

Ansätze einer Theorie zur Verarbeitung der Teersande einschließlich Heißwasser-Separationsverfahren und futuristischen Einsatzgebieten entwickelte Dr. Sidney Ells zwischen 1914 und 1919, während er Tar Sands-Aufschlüsse in den Provinzen Alberta und Saskatchewan untersuchte. Zum Anfang der 20er Jahre wurde dann durch Dr. Karl A. Clark und Sidney M. Blair eine kleine Separationsanlage errichtet.

1924 bis 1930 begann die McMurray Asphaltum and Oil Company mit Experimenten zur Verwendung der Tar Sands als Straßenbelag. Am Bitumount errichtete Robert Fitzsimmons eine Heißwasser-Separationsanlage, die im Sommer 1930 300 Barrel Bitumen produzierte. Nun steigerten sich die Produktionszahlen immer weiter. Zwischen 1936 und 1945 wollte der schon genannte Max Ball Pachtverträge - wohl gemerkt nicht mit den indigenen Menschen, deren traditionelles Land hier ausgebeutet und zerstört werden soll, sondern mit den kanadischen Behörden - erwerben und plante eine Anlage, die täglich 400 Tonnen Tar Sands verarbeiten sollte. Abasands Oils Ltd. brannte aber immer wieder ab...

Der großindustrielle Einsatz begann schließlich 1967 mit dem Start der Tar Sands-Fabrik von Great Canadian Oil Sands Limited (GCOS, heute Suncor)[2], die täglich 45.000 Barrel Öl produzieren sollte.

North West Company

Die Privatfirma "North West Company" wurde 1779, also etwas mehr als 100 Jahre später, mit einer ähnlichen Mission wie die (HBC) errichtet, um die nordwestlich des Einflussbereichs der HBC liegenden Gebiete Nordamerikas auszubeuten. 1821 ging das Unternehmen in der HBC auf. Der Konkurrenzkampf zwischen den beiden Handelsunternehmen war derart ausgeartet, dass es regelrecht zu Gemetzeln kam und schließlich von Regierungsseite aus die Verschmelzung erzwungen wurde. Zuvor waren schon andere Morde im Konkurrenzkampf der North West Company mit weiteren Konkurrenten dokumentiert. Ausgehend von der im Vergleich mit den britischen Unternehmungen in Nordamerika früheren französischen Landung in Québec im Jahr 1608 hatten sich zunächst sogenannte "Waldläufer" ausgebreitet und bauten ein Pelzhandelsimperium im Einzugsgebiet des Sankt-Lorenz-Stroms auf. Anders als die später eintreffenden britischen Händler bereisten sie das nördliche Binnenland und und trieben Handel mit den indigenen Gemeinschaften in deren Camps und Dörfern. Nach der Niederlage Frankreichs im Krieg mit der Britischen Krone übernahmen 1763 englischsprachige Händler ("pedlars") die Pelzhandelsposten, welche sich im Laufe der Zeit immer wieder vereinigten, um Kosten aus dem Konkurrenzkampf untereinander zu reduzieren. Dies waren die Vorläufer der späteren North West Company, die ihren Hauptsitz in Montreal haben sollte.[3]

Die zunächst zwanzig Anteilshaber umfassende Gesellschaft richtete unter anderem unter dem bekannten Entdecker Alexander Mackenzie[4] mehrere wichtige Expeditionen aus - insbesondere entlang des damals "Grand River" genannten Mackenzie River bis zum Nordpolarmeer (1789)[4] und entlang den Peace River bis an die Pazifikküste (1792-1793)[4].[3] Entdecker der North West Company gründeten 1788 am Athabascasee Fort Chipewyan, heute ein Ort, in dessen Nähe drei indigene sowie eine weiße Gemeinschaft Siedlungen haben[4][5], die unter den belasteten Abwässern der Tar Sands-Industrie leiden, die über den Athabasca River mehrere hundert Kilometer flussabwärts der Industriestandorte bei Fort McMurray liegt. Fort Chipewyan kann heute über den Landweg nur im Winter erreicht werden - von Fort McMurray im Süden und von Fort Smith im Norden via Winterstraße,[6] die nur bei Dauerfrost sicher befahrbar sind. Ansonsten bleiben nur der Luftweg oder der Athabasca River als Wasserstraße im Sommer[6]. Es waren vor allem Händler wie die Mitarbeiter der North West Company, die große Teile der bis dahin noch nicht von Europäern erkundete Gebiete des Nordwestens auskundschafteten.

Der Versuch von HBC und North West Company, die amerikanischen Gebiete, die sie dominierten, effektiv auszubeuten, führte schon damals zu ökologischen Problemen - beispielsweise waren die Biberpopulationen durch den Pelzhandel extrem unter Druck und liefen Gefahr zu verschwinden.[3]



Diese Seite ist ein Auszug einer Publikation aus unserer Kampagne im grünen blatt. Unter der Überschrift "Tar Sands": Nachhaltige Zerstörung von Urwäldern und Feuchtgebieten, Enteignung indigener Menschen und größter Einzelverursacher des Treibhauseffekts erscheint dort seit Anfang 2013 eine fortlaufende Artikelserie mit Hintergrundinformationen zu den Tar Sands.

Dieser Auszug ist Teil 6 + 15 der Artikelreihe entnommen. Weiterverwendung und Verbreitung unter Angabe der Originalquelle (grünes blatt) oder unserer Kampagne ist erwünscht!