Umweltzerstörung

Aus Tar Sands-Kampagne
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Ein erstes grundsätzliches Problem der industriellen Erschließung unberührter Naturgebiete ist die Habitatfragmentierung, also die Zerstückelung von zuvor zusammenhängenden Landschaften. Im selben Maße wie der industrielle Ausbau voranschreitet, führen Zufahrtswege und Schneisen[4] zur Zerschneidung von Waldgebieten, dann zur Perforation und schließlich zur Fragmentierung. Industrieanlagen, Forstmaßnahmen und Erholungsaktivitäten verstärken diese Effekte. Letztlich birgt jeder kleine Erschließungsvorgang das Potenzial und eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass die schrittweise Zerstörung der Naturlandschaft immer größere Ausmaße annimmt.

Aus anfänglichen Zufahrtswegen und Schneisen werden große Netzwerke, so dass Waldstücke vielmehr Inseln darstellen. Dem folgen erst einzelne, dann immer mehr Anlagen, weitere Pipelinekorridore, Abbaue, Industrieanlagen, Pumpstationen und Siedlungen. Diese Störungen können auch zur Ansiedlung neuer Arten in den Waldrandbereichen und zur Verdrängung bisher heimischer Arten führen.

Habitatfragmentierung kann auch zur Erhöhung von Raubtierpopulationen und Gefährdung von deren Beutetieren führen. Beispielsweise wird befürchtet, dass das Woodland Caribou Nordost-Albertas durch eine Kombination aus vermehrtem Raubtieraufkommen und Konkurrenz um Futterquellen gefährdet wird, da Arten wie Wölfe, Coyoten, Elche und Rehe Vorteil aus der Zerstückelung der Landschaft ziehen.

Wasserverschmutzung und -verbrauch sind einer von vielen ökologischen Aspekten der Tar Sands-Industrie. Sie betreffen sowohl den Abbau im Tagebau als auch in In Situ-Verfahren. Die meisten In Situ-Technologien erfordern große Wassermengen zur Dampferzeugung - bis zu 3 Kubikmeter für jeden Kubikmeter aufbereiteten Bitumens. Der Bergbau erfordert außerdem die Trockenlegung der Muskeg-Moore und führt oft auch zu Beeinträchtigungen des Grundwasserflusses, nicht zu vergessen die Wassermengen, die zur Extraktion des Bitumens aus den abgebauten Tar Sands benötigt werden. Ein anderes wesentliches ökologisches, aber auch für Menschen bedenkliches Problem ist die toxische Verschmutzung der natürlichen Wasserläufe - Flüsse, Seen und Grundwasser, die durch die großflächigen Feuchtgebiete in engem Austausch stehen. Flussabwärts von Fort McMurray den Athabasca River entlang wurden immer wieder hohe chemische Belastungen gemessen, mutierte Fische gefunden sowie erhöhte Krebsraten in den indigenen Communities festgestellt[4].

Wie in vielen anderen Bergbaubetrieben fallen große Mengen von Abwässern an. Diese werden in sogenannten "Tailing Ponds" (Absetzbecken) gesammelt und versickern langsam in den Untergrund oder werden bei starken Regengüssen und Überschwemmungen über die Dämme hinweg in die Flüsse und Feuchtgebiete freigesetzt. Keiner der Tailing Ponds hat eine ernstzunehmende Isolierung von Absetzbecken, Bodenschichten und Umgebung. Was sich in diesen Becken ansammelt, ist teilweise so giftig, dass Wasservögel nach einer Landung darin verenden. Es gab immer wieder Skandale um hunderte von Enten, die aufgrund solcher Vorfälle umkamen[5]. In Konsequenz wurden propangasbetriebene Schussanlagen installiert, die in bestimmten Abständen schussänliche Geräusche verursachen und so die Vögel fernhalten sollen. Ein indigener Arbeiter kommentierte die Entenproblematik in einem Interview so: "Die Vögel gewöhnen sich schnell an die Schüsse und lassen sich dadurch nicht mehr stören. Die Skandale um die verendeten 500 Enten waren sicherlich herausragende Ereignisse; tatsächlich sterben jeden Tag Enten in den Tailing Ponds, aber eben keine hundert, sondern in geringerem Umfang".

Die Extraktion von Bitumen aus den Tar Sands produziert eine Mischung aus Wasser, Sand, Lehm, Schlick, Chemikalien und anderen Spurenstoffen. Unbehandelt trennt sich diese Mixtur schnell in drei Schichten auf. Der Sand fällt aus und hinterlässt eine Schicht aus Wasser, Schlick und Lehm, bezeichnet als "fine tails", und eine Oberschicht von weiterverwendbarem Wasser.

Innerhalb der Schicht der "fine tails" beginnen Lehm und Schlick sich abzusetzen, was letztlich die sogenannten "mature fine tails" (MFT) bildet. Es ist unklar, wie lange es dauern würde, bis diese MFT sich auf natürlichem Weg wieder vollständig in ihre Bestandteile - Wasser, Lehm, Schlick - auftrennen würden. Um diesen Prozess zu beschleunigen, werden verhäuft Beigaben von Gips hinzugefügt. Außer Acht gelassen werden die toxischen Bestandteile, die durch die Tar Sands-Verarbeitung freigesetzt werden.

Die totale Zerstörung des Ökosystems beschreibt die Lobbyeinrichtung der Tar Sands-Industrie, das Oil Sands Discovery Center, unter der Überschrift "Getting started" folgendermaßen: "1. The area is cleared of trees" - also der totale Kahlschlag und die Beseitigung des borealen Waldes. "2. The area is drained" - die Feuchtgebiete werden trocken gelegt und damit zerstört. "3. The muskeg is removed and stored for later use in reclamation" - der Muskeg-Moorboden wird abgetragen, die spätere Wiederverwendung zur Renaturierung ist illusorisch, da die einstige Muskeg-Pflanzengesellschaft kaum Chancen hat, sich wieder einzufinden. "4. The overburden is removed, opening the ore body for mining" - mit anderen Worten: eine Kraterlandschaft wird für den Abbau der Tar Sands geschaffen.


Diese Seite ist ein Auszug einer Publikation aus unserer Kampagne im grünen blatt. Unter der Überschrift "Tar Sands": Nachhaltige Zerstörung von Urwäldern und Feuchtgebieten, Enteignung indigener Menschen und größter Einzelverursacher des Treibhauseffekts erscheint dort seit Anfang 2013 eine fortlaufende Artikelserie mit Hintergrundinformationen zu den Tar Sands.

Dieser Auszug ist Teil 1 der Artikelreihe entnommen. Weiterverwendung und Verbreitung unter Angabe der Originalquelle (grünes blatt) oder unserer Kampagne ist erwünscht!